Wind song for a bird, color and sound, 2020, 8:47 min

Meine Video Arbeiten befassen sich mit dem Umstrukturieren und Umformen von Denkmodellen und Orientierungsmustern - mit Themen, die nicht nur herausfordern diese Denkmodelle zu überprüfen, sondern auch anregen in neue Räume des Bewusstseins vorzustoßen. Räume die verortet sind zwischen Gefühl und Verstand, Räume, die unsere menschliche Existenz zur Diskussion stellen. Annegret Bleisteiners Film, Wind Song for a Bird beschäftigt sich mit einem der vier existentiellen Elemente, der Luft und dem Wind, der auch die eingesetzten Instrumente zum Klingen bringt.
Zeitliche Überlagerungen sind ein wesentliches Merkmal der Videoarbeit, die auch mit found footage arbeitet und mit Videomaterial aus Finnland und der dort entstandenen Installation „draw that line“ deren Plastikbänder im Wind schlagen. Sowohl in den bewegten Bildern als auch in den daraus resultierenden Filmstills sieht man gleichzeitig verschiedene Zeitebenen. Mehrschichtige Projektionen in den Filmraum hinein, schaffen ein dreidimensionales Raumerleben.Obwohl der Film mit einer Totalen auf einen menschenleeren Golfplatz in Finnland beginnt, auf dem eine Fahne im Wind flattert, findet das Auge bei späteren Szenen keinen Halt mehr. Das Thema der im Wind schlagenden Bänder durchzieht den ganzen Film als Grundton der aufgewühlten Gesamtorchestrierung, das Spiel des Windes und als Spiel des Lebens, als Spiel mit uns und unsere Vergänglichkeit. In Mehrschichtigen Projektionen sind jetzt auf einmal die Bilder übereinandergelegt, ein tanzendes Mädchen, badende Mädchen, die sich windenden Körper von Performenden Künstlern, ein Nahaufnahme eines banalen Wassereimers und dann immer wieder der Schnitt in Zeitlupe, der mögliche Einschnitt in unser Leben. Plötzlich das im Wind flatternde Band wird mit einer Schere durchtrennt. Der noch vor kurzem singende Vogel liegt tot auf der Erde das Eichhörnchen von Krähen massakriert auf der Straße. Alles nur Spiel, alles nur „Windspiel“,so lautet der mit Vanitas Gedanken unterlegte Grundtenor des Filmes.
Zu viel für 30 Sekunden? Oder ist der Annegret Bleisteiners Video „Wind Song for a Bird“ eine visuelle Herausforderung, die sich an der Wirklichkeit bemisst? Tatsächlich entspricht das auf der Projektionsfläche gezeigte, der Wahrnehmung unserer Alltagswelt. Nie erleben wir nur den Weg, auf dem wir gehen, stets ist das Bewusstsein zwischen Natur, Kultur und Individuum beschäftigt, bezieht sich auf jüngst Erlebtes und ganz Vergangenes. Assoziative Momente korrespondieren mit rationalen Zu- und Beiordnungen. So wird jedes Unterwegs-Sein, mag die Distanz auch noch so gering sein Bewusstseinsarbeit. „Wind Song for a Bird“ vermittelt so konsequent unterschiedliche Stufen der Wahrnehmung. Die Künstlerin erlebt die sie umgebenden Welt, filmt, sammelt und — filtert. Dieses Vorgehen ist geleitet vom Interesse einer autobiografischen Befragung: Wie komme ich als Künstlerin zu dem, was ich mache? Um dieser Frage nachzugehen, folgt Annegret Bleisteiner ästhetischen Mustern, die auch andere ihrer Arbeiten prägen: Komplexe Kompositionen digitaler Bildschichten beleuchten politische, ökonomische und kulturelle Befindlichkeiten. Der bildüberlagernde Kontext überführt das Material in einen neuen Raum, in dem assoziierte Objekte der Arbeit ein strukturiertes Fundament geben.
Kennzeichnend ist das Prinzip der Überlagerung auf verschiedenen Ebenen: räumlich, zeitlich und inhaltlich.